Manchmal gibt es Zeiten, da erinnert man sich plötzlich an das, was damals war. Heutzutage, wenn ich tief in der Nacht seufzend und gelangweilt durch die Fernsehprogramme zappe, überkommt mir öfters ein Hauch von Sentimentalität. Damit meinte ich sicher nicht die ersten drei Programme, die man damals über die gute Hausantenne empfangen konnte. Heutzutage wird dort auch nonstop durchgesendet zu jeder Tageszeit. Sendeschluß? - Pustekuchen!
Nein, ich frage mich, wie es wohl wäre, wenn das Testbild noch gäbe. Dieses Bild mit den Farbbalken, der monotone Testbildton, diese Auflösungsstreifen in MHz-Werte; all die Sachen, die alles wollen, außer uns zu unterhalten. Ich habe die Zeit des Testbildes miterlebt, die ganz jüngere Generation werden es wohl von einem Älteren davon gehört haben, als nachts nach der letzten Nachrichtensendung die Bilder verschwanden und prompt das Testbild den Bildschirm schmückte. Auch gab es manchmal davor einen Sendeschluß-Hinweis geschmückt mit dem Sender-Logo, hin und wieder das berühmte Fernsehrauschen. Bis zum frühen Nachmittag.
Man stelle sich vor: das Testbild kennt keine bestimmte Telefonnummer und verlangt auch keinen halben Euro pro Anruf von mir. Das Testbild verzichtet aufs Morgenmagazin oder Frühstücksfernsehen, Gerichtsshows vom Mittag und irgendwelche Namen von Moderatoren um diese Tageszeit wären gänzlich unbekannt.
Die Anwesenheit des Testbildes wäre einfach nur dafür da, um jemanden mal vorsichtig auf die Schulter zu klopfen und dran zu erinnern, daß es ein Ende gibt, daß es für alles Zeit gibt. Teile den Tag ein, würde er jemanden indirekt zuflüstern. Es würde sagen: schau dir diese Shows (die ich mir sowieso nie anschauen würde), Serien (auch nicht), Fernsehfilme (oh, na gut!) usw. abends an.
Warum sollte etwas in der Nacht besser sein, was einem tagsüber sowieso nur enttäuscht?
Die Nacht ist nun mal zum Schlafen da, in Ein- oder Zweisamkeit. Oder um rauszugehen, um mal draußen zu sein, oder die letzten Stunden bis zum Schluß in der Disco auszuharren. Aber nicht zum Fernsehen. Das Testbild würde den ständigen Fluß der zischenden Nullinformationen einfach beenden bzw. unterbrechen.
Das Testbild - das letzte große Unbekannte im geplanten Fernsehtagsablauf. Lieber würden ein Dutzend Schäferkordts, Starkes, Bartls und Co. die tausendste Wiederholung von 'More TalkTalkTalk Dirty' oder ähnliches zeigen als das Testbild. Das berühmte Testbild wäre sonst das Eingeständnis ihres Scheiterns, weil es die Störung zeigen würde, die es nie geben dürfte; TV-Panne in Live-Format.
Das Testbild wäre quasi der erste Moment nach dem Erwachen aus dem Alptraum. Klar, daß es nicht mehr geben darf.
Jetzt muß ich den Knopf zum Abschalten selbst finden.