Der
Zweitmarkt für Lebensversicherungen ist in Deutschland noch verhältnismäßig jung und wenig bekannt. Er wurde 1999 ins Leben gerufen, nachdem man die gesetzlichen Grundlagen für seine Einrichtung geschaffen hatte. Der Zweitmarkt ermöglicht den Handel mit bestehenden, so genannten gebrauchten, Lebensversicherungen fast so, als wären es Wertpapiere. Die Geschäfte werden von Policenhändler getätigt oder vermittelt. Der Zweitmarkt steht nicht nur für institutionelle Anleger offen. Auch private Policeninhaber können auf ihm Kapitallebensversicherungen verkaufen, kaufen oder beleihen. In der Regel schneiden Sie dabei besser ab, als wenn sie sich unmittelbar mit der zuständigen Lebensversicherungsgesellschaft auseinandersetzen.
Viele Kapitallebensversicherungen werden nicht bis zum vertraglich vorgesehenen Ende geführt, sondern vorher aufgegeben. Meist geschieht das, weil sich die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse unvorhersehbar geändert haben. Kündigen die Policeninhaber ihre Lebensversicherung vorzeitig, erstattet der Versicherer lediglich den geringen Rückkaufswert. Das bedeutet je nach Einzelfall deutliche wirtschaftliche Nachteile.
Versicherungsnehmer können aber auch die
Kapitallebensversicherung verkaufen . Auch hier entstehen wirtschaftliche Nachteile, sie sind aber erträglicher als bei einer vorzeitigen Kündigung. Gerechnet werden kann mit einem Kaufpreis, der bis zu 10 % über dem Rückkaufswert liegt. Ohne Probleme verkauft werden können klassische Kapitallebensversicherungen, wenn bestimmte Rückkaufswerte erreicht wurden (je nach Policenhändler 5.000 bis 10.000 â0AC) und wenn keine allzu lange Restlaufzeit besteht. Fondsgebundene Lebensversicherungen hingegen werden nur von wenigen Policenhändlern akzeptiert.
Beim Verkauf von Lebensversicherungen hat es in jüngster Zeit Probleme mit unsoliden Geschäftspraktiken gegeben. Schwarze Schafe haben den seriösen Zweitmarkt teilweise in Verruf gebracht. Policenhändler, die allzu aggressiv werben und unrealistische Kaufpreise, zum Beispiel 30 -100 % über dem Rückkaufswert, versprechen, sind nicht seriös. Äußerste Vorsicht ist auch geboten, wenn der Kaufpreis in Raten gezahlt werden soll. Verkäufern ist dringend zu raten, auf solche und ähnliche Angebote nicht einzugehen.
Sehr oft besser als bei einem Verkauf steht sich der Policeninhaber, wenn er seine
Kapitallebensversicherung beleihen lässt. In diesen Fällen spricht man auch von einem Policendarlehen. Der Vorteil: Der Versicherungsnehmer kann einen Teil des Geldwertes seiner Lebensversicherung realisieren, ohne die Police und die Leistungen daraus vollständig aufgeben zu müssen. Richtwert für eine Beleihung ist der Rückkaufswert. Meistens werden 70-80 % des Rückkaufswertes ausgezahlt. Policendarlehen werden von den Lebensversicherern selbst ausgegeben. Auf dem
Zweitmarkt gibt es aber häufig bessere Bedingungen.
Schließlich können neben institutionellen Anlegern auch Privatpersonen eine
gebrauchte Lebensversicherung kaufen . Einige Policenhändler stellen Onlineportale zur Verfügung, auf denen sie solche Geschäfte vermitteln. Der Kaufinteressierte gibt einige Daten in ein Formular ein (zum Beispiel Restlaufzeit oder Versicherungssumme) und erhält dann entsprechende Angebote. Gehandelt werden nur Policen solider Versicherungsgesellschaften.
Auch wenn der Kaufpreis höher ist als der Rückkaufswert, rechnet sich der Erwerb einer Lebensversicherung für den Käufer. Ältere Versicherungsverträge verfügen gegenwärtig über bessere Renditen, während wegen der Finanzkrise die Erträge bei neu abgeschlossenen Lebensversicherungen teilweise dramatisch rückläufig sind. Außerdem ersparen sich Käufer gebrauchter Lebensversicherungen die verlustreichen Anfangszeiten und profitieren dagegen von den hohen Gewinnen, die erst gegen Laufzeitende entstehen.
In letzter Zeit haben viele Fachleute die geringen Renditen von Lebensversicherungen kritisiert und Finanzprodukte empfohlen, die höhere Gewinne versprechen. Doch alle als Alternative empfohlenen Kapitalanlagen weisen eine höhere Risikostufe aus. In der gleichen Risikoklasse gibt es nach wie vor keine Anlageformen, die wirklich höhere Renditen gewährleisten. Das gilt vor allem bei einem Kauf gebrauchter Lebensversicherungen.